Förderung rehabilitationsorientierter Betreuung im Seniorenpflegeheim durch Entwicklung eines praxisnahen Kooperationsmodells zwischen Seniorenheim und geriatrischer Rehabilitation
Beteiligte
- MOR Michael Schwab, Geriatrische Rehabilitationsklinik der Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist, Würzburg
aus der Abteilung für Psychotherapie und Medizinische Psychologie:
- Dr. Heiner Vogel
- Dipl.-Psych. Matthias Jelitte
- Dipl.-Psych. Susanne Frank
- Dr. phil. Silke Neuderth
Hintergrund
Das dreijährige Modellprojekt diente der Untersuchung der Frage, wie rehabilitationsorientierte aktivierende Pflegekompetenzen dauerhaft in Seniorenpflegeheimen implementiert und umgesetzt werden können. Es wurde als Kooperationsprojekt zwischen der Universität Würzburg (Arbeitsbereich Rehabilitationswissenschaften) und der Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist, Würzburg, dem in der Region größten Träger stationärer Seniorenpflegeeinrichtungen und einer geriatrischen Rehabilitationsklinik, realisiert und im Rahmen des Bundesmodellprogramms "Altenhilfestrukturen der Zukunft" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen gefördert.
Ziele
In dem Projekt sollten drei verschiedene Personalentwicklungsmaßnahmen geprüft werden: (1) Hospitation von Pflegekräften aus Seniorenheimen in einer Reha-Klinik; (2) interdisziplinäre Fallkonferenzen sowie (3) teamorientierte Fortbildungen.
Methodik
Bei der Planung der Studie ergab sich die Notwendigkeit, in der Auswertung Interventionseffekte von allgemeinen Entwicklungen und Veränderungen in den Einrichtung zuverlässig trennen zu können. Da ein für derartige Fragen prinzipiell wünschenswerter prospektiv-experimenteller Ansatz (mit randomisierter Zuordnung der Interventionen zu Stichproben) in der Anwendungspraxis nicht zu realisieren war, wurde ein quasi-experimenteller Ansatz mit Kontrollgruppendesign gewählt, der es erlaubt, bei vorgegebenen Interventionseinheiten "hausspezifische" Effekte von Interventionseffekten zu unterscheiden. Im Detail sah der Versuchsplan vor, dass die drei Interventionen für jeweils ein halbes Jahr mit unterschiedlicher Reihenfolge in drei Seniorenpflegeheimen durchgeführt wurden, während ein weiteres, viertes Heim als 'Kontrollheim' diente, in dem nur Datenerhebungen, aber keine Interventionen durchgeführt wurden. Dieses anspruchsvolle Design wurde unter Beteiligung von vier Seniorenpflegeheimen des Bürgerspitals und in Kooperation mit der geriatrischen Rehabilitationsklinik erfolgreich umgesetzt. Die Evaluationen mit einem multimethodalen Instrumentarium, was sich im Wesentlichen an übliche Assessments in der geriatrischen Rehabilitationsforschung anlehnte, wurden sorgfältig und sehr aufwendig vorgenommen.
Ergebnis
Im Ergebnis lassen sich bei der Auswertung der quantitativen Daten keine einheitliche Effekte nachweisen. Demgegenüber zeigen sich doch vielfältige und sehr differenzierte Ergebnisse bei der Analyse der qualitativen Daten, die eine Effektivität der erprobten Ansätze annehmen lassen, jedoch weiterer Untersuchung bedürfen. So geben die Mitarbeiter/innen an, in den Hospitationen besonders spezifische rehabilitative Techniken und ihren sachgerechten Einsatz erlernt zu haben. Ferner wurden dort rückenschonendere und insgesamt arbeitserleichternde Pflegetechniken erworben; auch wird von einer besseren psychischen Bewältigung der Belastungen des Arbeitsalltages berichtet. Die Fallkonferenzen führten demgegenüber eher zu Verbesserungen der auf einzelne Bewohner der Einrichtung bezogenen Förderansätze und einen integrierteren Einsatz der aktivierenden Pflegemaßnahmen in Verbindung mit weiteren therapeutischen Maßnahmen (Ergotherapie, Krankengymnastik, medizinische Versorgung), was sich für die Mitarbeiter/innen auch an Zustandsverbesserungen der betroffenen Bewohner/innen zeigt. Bei den teambezogenen Fortbildungen berichten die Mitarbeiter/innen, besonders von dem hohen Praxisbezug profitiert zu haben, der auch durch die gemeinsame Fortbildung der Teammitarbeiter einer Station oder Einrichtung möglich werden konnte. Inhaltlich berichten sie, rückenschonendere und arbeitserleichternde Verhaltensweisen gelernt und eine größere fachliche Sicherheit in der Arbeit erworben zu haben.
Schlussfolgerung
Die hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen mit den verschiedenen Interventionen hat zwischenzeitlich dazu geführt, dass im Bürgerspital ein reduziertes Maßnahmenbündel aus kürzerer Hospitationsphase und in den Routinealltag integrierter Fallkonferenz für die dauerhafte Umsetzung geplant wird. Ferner soll sich das übliche hauseigene Fortbildungskonzept an den teamorientierten Ansätzen aus dem Modellvorhaben orientieren und insbesondere die als positiv erlebten Fortbildungsbausteine umfassen. Um die Routinisierung der Fallkonferenzen in den Seniorenpflegeheimen des Bürgerspitals aber auch darüber hinaus zu erleichtern, wurden handlungsleitende Empfehlungen für die Fallkonferenzen (Implementation, Moderation, Inhalte) in einem Leitfaden für die Vorbereitung und Umsetzung der Interventionen in Seniorenpflegeheimen zusammengefasst.
Publikationen und Vorträge
Abstracts
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2004). Förderung einer rehabilitationsorientierten Betreuung in stationären Einrichtungen der Altenhilfe". Vortrag auf dem Münchner Pflegekongress 2004, European Congress of Nursing 2004, vom 13.-16. Oktober 2004 „Strukturwandel in der Pflege“ in München. Abstractband.
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2004). Förderung einer rehabilitationsorientierten Betreuung im Seniorenpflegeheim – Vergleich unterschiedlicher Qualifizierungsstrategien für MitarbeiterInnen in der stationären Pflege. Vortrag gehalten auf dem 7. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) vom 07.-09. Oktober 2004 „Älterwerden hat Zukunft“ in Hamburg. Abstractband.
- Jelitte, M., Neuderth, S., Frank, S., Vogel, H. & Schwab, M. (2003). Evaluation von Fortbildungen für Mitarbeiter in Einrichtungen der stationären Altenpflege zur Förderung einer rehabilitationsorientierten Betreuung. In Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.), 12. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium – Teilhabe durch Rehabilitation vom 10. bis 12. März 2003 in Bad Kreuznach (S. 263-265). Frankfurt am Main: VDR-Selbstverlag.
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2001). Die Effektivität von Fortbildungsmaßnahmen in der stationären Altenpflege mit besonderer Berücksichtigung rehabilitationsorientierter Kriterien – Literaturübersicht. Das Gesundheitswesen, 63, A69-A70.
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2002). Die Wirksamkeit rehabilitationsorientierter Fortbildungen in der stationären Altenpflege. In Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.), 11. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium – Teilhabe durch Rehabilitation vom 4. bis 6. März 2002 in München (S. 164-166). Frankfurt am Main: VDR-Selbstverlag.
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2002). Fortbildungsmaßnahmen in Einrichtungen der stationären Altenpflege als Beitrag zur Professionalisierung – eine Literaturübersicht über kontrollgruppengestützte Evaluationsstudien. Vortrag gehalten auf dem 6. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) vom 26.-28. September 2002 „Altern in Würde und Solidarität“ in Dresden. Abstractband S. 46.
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2003). Vergleich unterschiedlicher Qualifizierungsstrategien für MitarbeiterInnen im Seniorenpflegeheim zur Förderung einer rehabilitationsorientierten Betreuung. Das Gesundheitswesen, 65 (8/9), A67.
- Vogel, H., Jelitte, M., Schwab, M. (2002). Evaluation rehabilitationsorientierter Fortbildungen in Einrichtungen der stationären Altenpflege. Das Gesundheitswesen, 64 (8/9), A30.
- Schieweck, R., Vogel, H., Jelitte, M., Hillyer, B. (2002). Erfassung von Ressourcen und Potenzialen in einer Einrichtung stationären Pflege. Vortrag gehalten auf dem 6. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) vom 26.-28. September 2002 „Altern in Würde und Solidarität“ in Dresden. Abstractband S. 83-84.
Zeitschriftenartikel
- Jelitte, M. Vogel, H. & Schwab, M. (2004). Fortbildungsmaßnahmen für Pflegekräfte in Einrichtungen der stationären Altenpflege. Verhaltenstherapie & Psychosoziale Praxis, 36, 767-778.
Buchbeiträge
- Jelitte, M. (2002). Reha-Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen – Anspruch und Wirklichkeit. In: Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter (DVfR) (Hrsg.), Pflegebedürftigkeit – Herausforderung für die Rehabilitation. S. 119-123, Ulm: Universitätsverlag.
- Jelitte, M., Vogel, H. & Schwab, M. (2003). Fortbildungsmaßnahmen in Einrichtungen der stationären Altenpflege als Möglichkeit zur Förderung der Kompetenz im Alter – eine Literaturübersicht. In: K. Eisfeld, U. Wiesmann, H.-J. Hannich & P. Hirtz (Hrsg.), Gesund und bewegt ins Alter. Interdisziplinäre Ansätze für eine Community Medicine. S. 116-125, Butzbach-Griedel: Afra-Verlag.
- Schieweck, R., Vogel, H., Jelitte, M. & Hillyer, B. (2003). Erfassung von Ressourcen und Potenzialen in einer Einrichtung der stationären Altenpflege. In: T. Klie, A. Buhl, H. Entzian & R. Schmidt (Hrsg.), Entwicklungslinien im Gesundheitswesen. S.197-216, Frankfurt a.M.: Mabuse-Verlag.
- Schwab, M., Vogel, H., Jelitte, M. (im Druck). Förderung rehabilitationsorientierter Betreuung im Seniorenpflegeheim. In Meier-Baumgartner et al. (Hrsg.), Effektivität geriatrischer Rehabilitation. Dokumentation einer Tagung am 19. und 20.2.2001 in Hamburg. Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
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